Hände, die ein dickes Buch mit der Aufschrift "Deutsches Gesetz" tragen.

Warum es sich lohnen kann, Beschwerde, Widerspruch oder Klage einzureichen

Haben Sie schon mal mit einer Behörde oder einer Versicherung schlechte Erfahrungen gemacht? Waren Sie zum Beispiel wütend oder traurig, weil Sachbearbeiter*innen sich unfreundlich oder respektlos verhalten haben? Oder weil eine Behörde oder Versicherung Ihren Antrag abgelehnt hat? In solchen Fällen können Sie sich wehren. Sie können zum Beispiel Beschwerde, Widerspruch und Klage einreichen. Doch viele Menschen wehren sich nicht. Sie haben Angst vor dem Aufwand, dem Ärger, den Kosten. Doch es kann sich lohnen, sich zu wehren.

Mit einer Beschwerde oder Klage helfen Sie auch anderen Menschen

Menschen mit Behinderung oder einer bestimmten Hautfarbe werden oft schlechter behandelt. Damit sich das ändert, müssen sich diese Menschen wehren, zum Beispiel durch eine Beschwerde. Denn dadurch zeigen sie: Eine schlechtere Behandlung ist nicht in Ordnung. Je mehr Menschen sich beschweren, desto eher ändert sich etwas.

Auch wenn Sie Ihr Recht vor Gericht einklagen, helfen Sie anderen Menschen. Denn Ihr Gerichtsurteil kann anderen Menschen in ähnlicher Situation helfen: Behörden und Versicherungen müssen sich wahrscheinlich an diesem Urteil ein Beispiel nehmen. Andere Menschen können dann ihre Rechte bei Behörden und Versicherungen besser durchsetzen. So helfen Sie mit, dass sich etwas zum Besseren ändert.

Gute Beispiele

Auf der Internetseite der Aktion Mensch finden Sie fünf Geschichten, in denen sich Menschen erfolgreich gewehrt haben.

Zu den Beispielen "Wehren lohnt sich"

"Was die Behörde oder Versicherung sagt, wird schon stimmen"

Das denken manche Menschen. Aber was Behörden oder Versicherungen sagen, stimmt nicht immer. Eigentlich sollen Behörden und Versicherungen Anträge bewilligen, wenn ein Mensch das Recht darauf hat. Außerdem sollen Behörden und Versicherungen die Menschen gut beraten, die einen Antrag stellen. So steht es im Gesetz.

Das tun sie aber nicht immer. Manchmal lehnen Behörden Leistungen ab, obwohl jemand das Recht darauf hat. Dafür gibt es verschiedene Gründe, zum Beispiel:

  • Mitarbeiter*innen von Behörden und Versicherungen sind mit viel Arbeit überlastet. So kann es sein, dass sie etwas nicht gesehen oder vergessen haben. Oder, dass sie aus Versehen etwas falsch gemacht haben.
  • Es kann vorkommen, dass manche Mitarbeiter*innen nicht genug ausgebildet sind. So kann es sein, dass Mitarbeiter*innen etwas falsch machen. Mitarbeiter*innen können Ihnen dann etwas sagen, was nicht stimmt. Oder Sie bekommen eine Leistung bewilligt, die Sie gar nicht beantragt haben.
  • Viele Behörden und Versicherungen wollen Geld sparen. So kann es sein, dass Mitarbeiter*innen schnell etwas ablehnen. Denn Leistungen kosten natürlich Geld. Doch darüber darf die Behörde oder Versicherung nicht so einfach selbst entscheiden. Das Gesetz bestimmt, wer Recht auf bestimmte Leistungen oder Geld hat.
  • Mitarbeiter*innen behandeln Menschen, die einen Antrag stellen, manchmal nicht so gut. Die Mitarbeiter*innen tun dann so, als ob die Menschen froh sein können, dass sie überhaupt etwas bekommen. Das ist aber falsch! Die Mitarbeiter*innen verstehen nicht, dass diese Menschen nur ihr Recht fordern.

Diese Beispiele zeigen, dass Behörden oder Versicherungen nicht immer Recht haben. Es kann sich also lohnen, Widerspruch oder Klage einzureichen.

"Wenn ich mich wehre, bekomme ich Ärger"

Manche Behörde oder Versicherung hofft, dass Menschen sich nicht wehren und immer einverstanden sind. Manche Behörden oder Versicherungen setzen Menschen sogar unter Druck, wenn sie einen Antrag stellen. Sie sagen zum Beispiel: „Sie müssen unserem Bescheid zustimmen, sonst bekommen Sie gar kein Geld“.

Wenn Sie sich über respektloses Verhalten oder Beleidigungen von Mitarbeiter*innen beschweren, bekommen die Mitarbeiter*innen meistens Ärger von ihren Vorgesetzten. Nicht Sie. Die Mitarbeiter*innen ändern dann vielleicht ihr Verhalten.

Wenn Sie sich nicht beschweren, ändern die Mitarbeiter*innen ihr Verhalten wahrscheinlich nicht. Denn so merkt niemand, wenn sich Mitarbeiter*innen schlecht benehmen.

Sie brauchen also nicht immer mit allem einverstanden sein. Fordern Sie stattdessen eine faire Behandlung oder eine Leistung, die Ihnen zusteht.

"Wer weiß, ob meine Klage Erfolg hat?"

Das Logo der EUTB.

Das ist eine gute Frage. Nicht jede Klage ist erfolgreich. Deshalb sollten Sie sich Hilfe bei Expert*innen holen: zum Beispiel bei Behinderten-Verbänden, Behinderten-Vereinen oder bei EUTBs. EUTBs sind Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung. Auch Rechtsanwälte oder Rechtsanwältinnen können Sie beraten.

Danach können Sie selbst entscheiden, ob sich eine Klage lohnt.

"Ich schaffe das nicht alleine"

Eine Frau im Rollstuhl im Gespräch mit einer anderen Person

Das müssen Sie auch nicht. Niemand muss alleine für sein Recht kämpfen. Informieren Sie zum Beispiel Freund*innen oder Familienmitglieder. Es ist wichtig, dass Sie mit Ihrem Ärger und Ihren Sorgen nicht alleine sind.

Wollen Sie zum Beispiel eine Beschwerde einlegen, weil ein Mitarbeiter einer Behörde oder eine Mitarbeiterin einer Versicherung Sie schlecht oder respektlos behandelt hat? Dann können Ihnen die Expert*innen bei EUTBs oder Verbänden helfen. Es gibt auch viele andere Menschen, die ähnliches erlebt haben wie Sie. Manche Menschen gründen deswegen , zum Beispiel für Menschen mit Behinderung oder für Alleinerziehende. Diese Menschen helfen Ihnen dann gerne.

Auch wenn Sie Widerspruch gegen einen Bescheid einlegen wollen, können Sie sich an EUTBs oder Verbände wenden. Sie können auch Hilfe bei einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin suchen. Rechtsanwälte oder Rechtsanwältinnen helfen Ihnen auch bei einer Klage und vertreten Sie vor Gericht.

"Ich habe Angst vor den Kosten"

Das ist verständlich. Wenn Sie einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beauftragen, kann das Geld kosten. Wenn Sie wenig Geld haben, können Sie vor einem Gerichtsverfahren Beratungshilfe beantragen. Kommt es dann später zu einer Gerichtsverhandlung, können Sie Prozesskostenhilfe beantragen

Außerdem gibt es eine gesetzliche Gebührenordnung für Anwälte und Anwältinnen. In dieser Gebührenordnung steht ganz genau, wie hoch die Kosten für einen Anwalt oder eine Anwältin höchstens sein dürfen. Bedenken Sie außerdem: Wenn Sie die Klage gewinnen, muss die Gegenseite Ihre Anwaltskosten bezahlen.

Mehr Informationen dazu lesen Sie im Familienratgeber-Artikel „Beratung und Vertretung bei Widerspruch und Klage“. Dort können Sie auch erfahren, wie und wo Sie kostenlose Beratung bekommen.

"Eine Klage kann lange dauern. Das schreckt mich ab."

Viele Menschen haben Angst vor einem langen Gerichtsverfahren. Das ist verständlich. Denn bis zu einem Urteil können einige Jahre vergehen. Wie lange es genau dauert, hängt vom Aufwand des Verfahrens ab. Es hängt auch davon ab, wie überlastet das Gericht ist.

Aber was passiert, wenn Sie sich nicht wehren? Dann verzichten Sie vielleicht viele Jahre oder Jahrzehnte auf Leistungen, die Ihnen zustehen. Ein Beispiel: Eine 45-jährige Frau muss wegen einer Krankheit oder Behinderung Rente beantragen. Sie kann dann mehr als 20 Jahre Rente bekommen. Da kann es sich wirklich lohnen, zum Beispiel drei Jahre Widerspruch und Klage durchzumachen.

"Habe ich genug Kraft, um eine Klage durchzustehen?"

Diese Frage stellen sich viele Menschen. Es kann viel Kraft kosten, gegen Behörden und Versicherungen zu klagen. Der Aufwand ist hoch. Sie müssen Anträge stellen. Sie müssen Formulare ausfüllen. Sie müssen über private Dinge Auskunft geben. Sie müssen vielleicht Rückschläge hinnehmen. Denn es kann nach dem Gerichtsverfahren und dem Urteil zu einer Berufung kommen. Dadurch dauert es noch länger. Doch wenn Sie sich Hilfe holen, ist es nicht ganz so anstrengend.

Oft gibt eine Klage aber auch Kraft. Wenn Sie Ihr gutes Recht erkämpft haben, fühlen Sie sich danach viel besser! Sie fühlen sich stark und bekommen mehr Selbstvertrauen. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Psycholog*innen nennen es Selbstwirksamkeit. Und Ihre Chancen stehen nicht schlecht. Denn die meisten Klagen vor dem Sozialgericht gewinnen die Kläger*innen.

Zuletzt aktualisiert am 18. November 2024

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