Zahlreiche Menschen mit und ohne Behinderung bei einer Demo

UN-Behindertenrechts-Konvention

Weltweit leben etwa 650 Millionen Menschen mit Behinderung. Ein internationales Abkommen soll ihre Lebenssituation verbessern und ihre Rechte stärken. Dieses Abkommen heißt UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Seit 2009 gilt das Abkommen auch in Deutschland. Was steht in der UN-BRK? Und welche Bedeutung hat sie für Menschen mit Behinderung?

Was ist das Ziel der UN-BRK?

In der UN-Behindertenrechtskonvention stehen besondere Rechte für Menschen mit Behinderung. Die Konvention hat ein Ziel, nämlich Inklusion. Inklusion bedeutet, dass Menschen mit und ohne Behinderung ganz selbstverständlich zusammen leben, lernen, wohnen und arbeiten können. Staat und Gesellschaft sollen dafür sorgen, dass Menschen wegen ihrer Behinderung nicht benachteiligt werden. Die UN-BRK gibt es seit dem Jahr 2008. Inzwischen haben 190 Staaten (Stand: 2024) das Abkommen ratifiziert. Das bedeutet, dass das Abkommen in diesen Staaten gültig ist. In Deutschland gilt die UN-BRK seit 2009. Alle deutschen Gerichte und Behörden müssen sie berücksichtigen.

Was steht in dem Abkommen?

Mehrere Menschen mit Behinderung auf einem Bürgersteig

Das Abkommen besteht aus 50 Artikeln. Diese beschäftigen sich mit verschiedenen Bereichen des Lebens. Zum Beispiel mit Bildung, Arbeit und Wohnen. Die Artikel beschreiben, welche Barrieren es in den einzelnen Bereichen für Menschen mit Behinderung gibt. Und sie zeigen, was getan werden muss, um die Barrieren zu beseitigen. Ziel ist dabei immer:

  • die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung zu stärken, und
  • ihnen eine volle und wirksame Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

 
Hier eine Auswahl von wichtigen Artikeln:

  • Artikel 9 verpflichtet die Staaten dazu, bauliche Barrieren und Hindernisse abzubauen. Zum Beispiel sollen sie Straßen, Busse und Bahnen, Schulen, Wohnhäuser, Krankenhäuser und Arbeitsplätze so bauen, dass Menschen mit Behinderung sie ohne Probleme nutzen können.
  • In Artikel 19 geht es um das Thema Wohnen. Menschen mit Behinderung sollen selbst entscheiden können, wo und mit wem sie leben. Sie sollen nicht länger getrennt von Menschen ohne Behinderung leben müssen.
  • Artikel 21 beschäftigt sich mit dem Recht auf politische Mitbestimmung. Alle Menschen sollen freien Zugang zu Informationen haben. Zum Beispiel durch den Einsatz von Gebärdensprache, Leichter Sprache und Blindenschrift.
  • Artikel 24 fordert ein Bildungssystem, in dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammen lernen. Dies gilt besonders für Kinder mit Behinderung. In einem inklusiven Bildungssystem gehen Kinder mit Behinderung auf die allgemeinen Schulen. In Deutschland besuchen nur wenige Kinder mit Behinderung die Regelschule. Das soll anders werden.
  • Artikel 27 fordert die Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt. Menschen mit Behinderung sollen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Arbeit suchen und finden können. Sie sollen ihr eigenes Geld verdienen können, genau wie Menschen ohne Behinderung auch.
  • Artikel 30:  Menschen mit Behinderung sollen gleichberechtigt an Erholungs-, Freizeit- und Sportaktivitäten teilnehmen können. Die Staaten verpflichten sich, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. 

Dies sind nur einige wichtige Punkte aus dem Vertrag. Andere Artikel behandeln zum Beispiel die Themen Gesundheit oder Gewalt und Missbrauch.

Behinderung - was heißt das?

An der Entstehung der UN-BRK waren Menschen mit Behinderung beteiligt. Das entspricht dem Grundsatz der Behinderten-Selbsthilfe: „Nichts über uns ohne uns“. Der Vertragstext orientiert sich an den Wünschen von Menschen mit Behinderung. Und er übernimmt ihr Verständnis von Behinderung. Demnach ist eine Behinderung eine Wechselwirkung: Nicht ein einzelner Mensch ist behindert. Vielmehr stoßen Menschen mit ihren Beeinträchtigungen auf Barrieren. Zum Beispiel Menschen, die nicht gut gehen können, auf Treppen. Oder Menschen, die nicht gut sehen können, auf zu klein gedruckte Texte. Die Aufgabe von Politik und Gesellschaft ist es deshalb, Barrieren zu beseitigen. Im Alltag gibt es viele Beispiele für fehlende Barrierefreiheit. Zum Beispiel:

  • fehlende Dolmetscher für Gebärdensprache bei öffentlichen Veranstaltungen
  • Internetseiten, die blinde Menschen nicht lesen können. Zum Beispiel, weil Text-Lese-Maschinen diese nicht lesen können. Oder weil die Bilder auf diesen Seiten nicht beschrieben sind.

Behinderung ist also kein unveränderbarer Zustand. Fallen Barrieren in der Umwelt weg, dann verbessert sich auch die Lebens-Situation von Menschen mit Behinderung. Weniger Barrieren bedeuten weniger Behinderung. Das ermöglicht mehr Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen des Lebens.

Wie sieht die UN-BRK in der Praxis aus?

Das Logo der Vereinten Nationen.

Die Forderungen der UN-Konvention sollen Wirklichkeit werden.
Deshalb müssen alle Vertrags-Staaten regelmäßig mitteilen, wie es mit der Umsetzung der Rechte vorangeht.
In Deutschland ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Umsetzung der UN-BRK zuständig. Die Bundesregierung hatte 2011 einen 10-Jahres-Plan aufgestellt. Der Plan heißt „Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“.
Seit 2016 gibt es die Zweite Auflage des Aktionsplans. Darin stehen 175 Vorhaben, Projekte und Aktionen, die Deutschland inklusiver machen sollen. 
Zum Nationalen Aktionsplan 2.0
 
Bei den Vereinten Nationen (UN) überprüft eine Arbeits-Gruppe die Umsetzung des Abkommens weltweit. Diese Gruppe heißt UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Kurz genannt: "der Ausschuss". Der Ausschuss besteht aus 18 Mitarbeiter*innen. Dazu gehören auch Menschen mit Behinderung (das ist in Artikel 34 der UN-BRK festgelegt).

Wer kontrolliert die Umsetzung in Deutschland?

Zusätzlich gibt es in Deutschland zwei Organisation, die die Umsetzung der UN-Konvention in Deutschland überprüfen:

  1. das Deutsche Institut für Menschenrechte,
  2. die BRK-Allianz.

Beide Organisationen schreiben regelmäßig einen Bericht und schicken diesen an den UN-Ausschuss.
 
Die BRK-Allianz ist ein Bündnis von etwa 80 Nicht-Regierungs-Organisationen. Dazu gehören viele Vereine aus der Behindertenhilfe, Selbsthilfe und Selbstvertretung. Auch die BRK-Allianz schreibt einen Bericht und schickt diesen an den UN-Menschenrechtsrat in Genf. Der Bericht heißt Parallelbericht. In dem Bericht steht, wie die Umsetzung der UN-BRK in Deutschland vorangeht. Zudem macht sie eigene Vorschläge, damit die Umsetzung schneller und besser geht. Die Kritikpunkte und Vorschläge umfassen viele Themen. Zum Beispiel diese:

  • Barrierefreiheit,
  • Betreuungsrecht,
  • Gewalt und Zwangsbehandlungen,
  • Assistenz,
  • Inklusion in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt

Zuletzt aktualisiert am 01. März 2024

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